Am 29. November und 1. Dezember 2023 fand an der Oper Leipzig die 3. Green Culture Konferenz zum Thema „Mehr Kultur für die Zukunft? – Nachhaltigkeit in Theater und Orchester“ statt. Nach Teil 1 zu Kultur- und Kreativwirtschaft in Bremerhaven (April 2023) und Teil 2 zu audiovisuellen Medien in München (Juli 2023) bildeten in Leipzig Theater und Orchester den Schwerpunkt. Aus dem Performing for Future-Netzwerk waren mehrere Personen anwesend und schildern ihre Eindrücke.
Einleitende Grußworte sprachen Dr. Skadi Jennicke, Kulturbürgermeisterin der Stadt Leipzig und Tobias Wolff, Intendant der Oper Leipzig, gefolgt vom Keynote-Vortrag „Transformation as Opportunity“ von Paddy Dillon und Lisa Burger, den Autor*innen des britischen Theatre Green Books. Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth hielt eine motivierende Impulsrede und nahm anschließend zusammen mit Dr. Skadi Jennicke, Olaf Zimmermann (Deutscher Kulturrat), Richard Brunel (Oper Lyon), Dagmar Schlingmann (Staatstheater Braunschweig), Jacob Bilabel (Anlaufstelle Green Culture) und Franziska Pierwoss (Künstlerin und Entwicklerin des Eco Rider) an einer Podiumsdiskussion teil. Am Abend wurden verschiedene Nachhaltigkeitsinitiativen wie Trash Galore (Leipzig), Bach-Wald (Leipzig), Malbuch Zukunft / Global Brainstorming Project (Bonn) oder Wort- und Herzschlag (Berlin) vorgestellt. Das Programm wurde aufgelockert durch kurze Konzerte einiger Musiker*innen des Orchesters des Wandels sowie künstlerische und komödiantische Beiträge. Der zweite Tag stand im Zeichen der neuen Green Culture Anlaufstelle. In einem Werkstattgespräch erläuterten Dr. Thorsten Heimann (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) und Jacob Bilabel (Green Culture Anlaufstelle) die Zielsetzung, Potentiale, aber auch Grenzen dieser Einrichtung.
In den Workshops erhielten die Teilnehmenden eine Einführung in das jeweils gewählte Thema und erarbeiteten Lösungen für die entsprechenden Problematiken. Zur Auswahl standen acht verschiedene Themen:
- „Ökologische Standards in den (darstellenden) Künsten“ mit Sina Herrmann (Deutscher Museumsbund)
- „Nachhaltiges Produzieren“ mit Wesko Rohde (Deutsche Theatertechnische Gesellschaft)
- „Kreislaufwirtschaft“ mit Anna Britz (Cradle2Cradle)
- „Kompensation“ mit Dr. Olga Panic-Savanovic (Klimastiftung Baden-Württemberg) und Detlef Grooß (Orchester des Wandels, Nationaltheater Mannheim, Unisono)
- „Klimafolgenanpassung und Resilienz“ mit Dr. Sebastian Brünger (Kulturstiftung des Bundes) und Dr. Achim Daschkeit (Umweltbundesamt)
- „Gemeinsam für den Klimaschutz: Empowerment und Kooperationen“ mit Sophie Pfaff und Charlotte Burghardt (Kulturpolitische Gesellschaft)
- „Regional gedacht: Kultur und Nachhaltigkeit im ländlichen Raum“ mit Annette Anna Hoffmann (Hochschule Magdeburg-Stendal, Projekt LandStark) und Linda Anne Engelhardt (Sommerliche Musiktage Hitzacker)
- „Über den Tellerrand: Europa im Blick“ mit Tobias Wolff (Oper Leipzig)
Ökologische Mindeststandards – auch für die darstellenden Künste? (Mona Rieken)
Der Museumsbund ging im Frühjahr 2023 voran: Die Veröffentlichung von ökologischen Mindeststandards für Museen legen einen Grundstein für gelungenes Nachhaltigkeitsmanagement in allen Häusern. Für einen Standard für soziokulturelle Zentren sitzt derzeit ein Expert:innengremium zusammen. Der Klimabilanzierungsrechner für die gesamte Kultur im Bundesgebiet steht seit Oktober zur Verfügung. Warum nun also nicht auch einheitliche und verlässliche Standards für die darstellenden Künste? Dass die Szene heterogener ist, ist klar, aber wo Kunst-, Freilicht-, Naturkunde- und und und- Museum unter einen Hut gebracht werden können, lässt sich doch bestimmt auch hier ein gemeinsamer Nenner finden! Sina Herrmann vom Museumsbund, die maßgeblich an der Entwicklung der Standards für Museen beteiligt war, leitete den Workshop zur Findung des gemeinsamen Nenners, bzw. zur Überlegung, ob ein Standard für die Szene sinnvoll ist. Schon die Auswahl der drei anderen Impulsgeber zeigte, welche Unterschiede ein solches Dokument überbrücken musste: Helge-Björn Meyer vom Bundesverband freie darstellende Künste, Hans-Joachim Rau als Vertreter der DTHG und Bernward Tuchmann von INTHEGA, der Interessensgemeinschaft der Städte mit Theatergastspielhäuser, berichteten von den individuellen Herausforderungen ihrer jeweiligen Szenen im Kontext ökologischer Nachhaltigkeit. In der Workshoprunde wurden dann auch die Hürden zusammengetragen, denen die Teilnehmenden im Arbeitsalltag begegnen. Wird ein Standard kommen? Und wie wird er aussehen? Zum Konferenzende war vor allem eins klar: Wir müssen im Gespräch bleiben.
Gemeinsam für den Klimaschutz: Empowerment und Kooperationen (Christine Ruynat)
Im Workshop „Gemeinsam für den Klimaschutz: Empowerment und Kooperationen“ mit Sophie Pfaff und Charlotte Burghardt wurden verschiedene Netzwerke wie “Performing for Future” vorgestellt. Vertreter*innen berichteten über ihre spezifischen Ziele, Projekte und Problemstellungen bei der Transformation. Anwesende Vertreter*innen kommunaler Verwaltung gestanden ein, dass Referate für Nachhaltigkeit noch große Herausforderungen bezüglich Zuständigkeiten und Absprachen mit sich bringen. Hier bleiben oft wichtige Ambitionen auf der Strecke. Die Workshop-Gruppe formulierte daher Wünsche zur Unterstützung an die Green Culture Anlaufstelle, wie zentrale Wissenssammlung, Bereitstellung von Datenbanken, Einbeziehung der Transformationsmanager*innen, Organisation/Koordination von Austauschformaten – auch zu sozialen Themen. Einen Schwerpunkt des Workshops bildete auch die Zusammenarbeit der Städte Dresden und Leipzig, die gemeinsam einen CO2-Rechner für Kultureinrichtungen entwickelt haben.
Regional gedacht: Kultur und Nachhaltigkeit im ländlichen Raum (Elisa Cominato)
Der Workshop „Regional gedacht: Kultur und Nachhaltigkeit im ländlichen Raum“ wurde geleitet von Annette Anna Hoffmann (Hochschule Magdeburg-Stendal, Projekt LandStark) und Linda Anne Engelhardt (Sommerliche Musiktage Hitzacker). An Tag 1 sprachen wir vorwiegend über die Dinge, die die Kultur im ländlichen Raum für die Gesellschaft leistet und leiteten daraus den vorhandenen Handprint ab. Haupt-Stichpunkte waren: Quelle der Inspiration und Kreativität, Initiator von Prozessen, die zum Wohlergehen beitragen, Medium zur Wissensvermittlung, auch zum Thema Nachhaltigkeit, Raum für interkulturelle Begegnung und interdisziplinäre Verständigung sowie Garant für den Erhalt von Errungenschaften der Vergangenheit und Gegenwart. Die Gruppe kam zum Ergebnis, dass die Kultur im ländlichen Raum vor allem durch Qualität überzeugt und somit den lokalen Anwohner*innen einen großen Mehrwert bietet, lokale Veranstaltungen zu besuchen anstatt weiter in die nächstgelegene (Groß-) Stadt zu fahren. An Tag 2 ging es dann um die CO2-Emissionen und darum, wie wir diese reduzieren können. Wir erstellten einen Maßnahmenkatalog, dessen Umsetzung vorwiegend in den Händen der Politiker*innen liegt. Die Forderungen wurden von Annette Anna Hoffmann im Plenum vorgetragen.
In allen Workshops wurden Roadmaps mit Maßnahmen und Forderungen entwickelt und zusammenfassend im Plenum präsentiert. Dem Abschlussgespräch mit Zukunftsperspektiven wohnten Arne Dunker (Klimahaus Bremerhaven), Daniel Sponsel (Internationales Dokumentarfilmfestival München e.V.), Tobias Wolff (Oper Leipzig), Prof. Andreas Schulz (Gewandhaus zu Leipzig) und Dr. Stephanie Schulz-Hombach (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien) bei.
Aus Sicht der anwesenden Netzwerk-Vertreter*innen offerierte die Konferenz ein spannendes und bedürfnisorientiertes Programm mit renommierten Referent*innen. Mit der Oper als ausrichtende Institution wurde ein fantastischer Ort für die Konferenz gewählt. Sie bot ein tolles Ambiente und auch ein überaus vielfältiges Begleitprogramm mit Opern-Besuchen, Konzerten, performativen Beiträgen und kreativer Dokumentation mittels graphic recording. Inhaltlich blieb es jedoch recht oberflächlich, neue Erkenntnisse wurden nur vereinzelt gewonnen, eine Diskussion im Plenum fand nicht statt.
Nicola Bramkamp, SAVE THE WORLD e.V. und Performing for Future-Mitglied, moderierte die gesamte Veranstaltung und betont die Relevanz von Kommunikation und Zusammenarbeit: „Wenn ich mir eine Sache für die Zukunft wünschen dürfte, dann wäre es mehr Zeit für einen interaktiven, konstruktiven Austausch gerade auch über die Schwierigkeiten der nachhaltigen Transformation. Wo liegen die Hürden? Wo gibt es Probleme in der praktischen Umsetzung (Bürokratie, CO2-Rechner)? Was lernen wir aus unseren Fehlern? Und natürlich: Wie können wir dafür sorgen, dass solche Konferenzen diverser und inklusiver werden?“
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